Die KVA Turgi wird seit ihrer Inbetriebnahme anno 1970 als Kraftwerk betrieben. Im Jahr 2022 wurden 66 Gigawattstunden (GWh) Fernwärme und 74 GWh Strom produziert. Mit der Neuerung der Anlage soll gemäss den strategischen Leitsätzen die Energienutzung wenn möglich verbessert werden. Die Abfallverordnung schreibt für neue bzw. erneuerte Kehrichtverwertungsanlagen vor, dass mindestens 80 Prozent des Energiegehalts im Abfall ausserhalb der Anlage genutzt werden müssen.
Die KVA Turgi erreicht heute eine sogenannte energetische Nettoeffizienz von rund 60 Prozent. Eine Effizienzsteigerung auf mutmasslich 90 Prozent ist durch technologische Verbesserungen, v.a. aber durch eine Zunahme der Fernwärmenutzung möglich. Mit der Fernwärme Siggenthal AG (FWS) und der Regionalwerke AG Baden (RWB) werden aktuell zwei Abnehmerinnen beliefert. Die RWB wollen ihr Netz bis 2028 stark ausbauen. Und die Refuna AG im unteren Aaretal, die KVA-Fernwärme heute (stark einschränkt) über das FWS-Netz beziehen kann, hat ein Projekt für den direkten Anschluss an die KVA Turgi in der Pipeline.
Auf der benachbarten Abwasserreinigungsanlage (ARA) Laufäcker fallen ebenfalls erneuerbare Energien an, dies in Form von Biogas und Solarstrom. In der Gesamtbetrachtung ergibt sich für das Gebiet in Baden-Turgi die Vision eines «Clean Energy Hub Laufäcker».
Um dessen Potenzial abzuschätzen und eine Energiestrategie (in erster Linie für die KVA Turgi) zu formulieren, gab der Verband eine Energiestudie in Auftrag. Sie ist im Frühling 2024 abgeschlossen worden und zeigt, dass die realisierbaren Synergien zwischen KVA und ARA Laufäcker zwar eher gering sind, es sich aber dennoch lohnt, gewisse Optimierungsmassnahmen vertieft abzuklären. Mögliche Zusatzprojekte betreffen Wärmespeicherung, Photovoltaik sowie Carbon Capture and Storage (Letzteres wurde bereits vor der Studie als separates Projekt definiert). Die Studie ist in einem Management Summary zusammengefasst.
Die Schweiz muss ihre Treibhausgas-Emissionen bis 2050 auf «Netto Null» reduzieren. Dazu sollen auch die 29 Kehrichtverwertungsanlagen beitragen, die für 5 Prozent des CO2-Ausstosses verantwortlich sind. Der Verband VBSA hat 2022 mit dem Departement UVEK eine Branchenvereinbarung getroffen, gemäss der die KVAs jährlich 1 Mio. Franken in Forschung und Entwicklung von CCS (Carbon Capture and Storage, also CO2-Entnahme und -Speicherung) investieren und spätestens 2030 eine erste Abscheidungsanlage in Betrieb nehmen. Diese Pilotanlage wird bei der KVA Linth in Niederurnen (GL) realisiert.
Die anderen KVAs treffen Vorbereitungen für die Umsetzung von CCS bis 2050. Auch wenn noch viele Fragen offen sind – z.B. zur Finanzierung und zur technologischen Reife –, nimmt die KVA Turgi ihr Erneuerungsprojekt zum Anlass, CCS als separates Projekt abzuklären. Die Gesamterneuerung ist der richtige Zeitpunkt für die langfristige Berücksichtigung dieser Schlüsseltechnologie.
CCS ist auch in der Studie «Clean Energy Hub Laufäcker» als allfälliges Zusatzprojekt erkannt worden.